Die Expertenkommission Vergesellschaftung hat ihren Bericht1 veröffentlicht und Bündnis Deutschland meint: er wird falsch verstanden. Berlin will den Teufel mit dem Beelzebub austreiben: Weil es unter jahrelanger SPD geführter, bzw. beteiligter Regierung nicht gelungen ist sozial verträglichen Wohnraum, oder überhaupt Wohnraum adäquat zum Bedarf zu schaffen, meint der zum Thema einberufene Expertenrat – unter der Leitung einer SPD Politikerin, dass sich die Berliner Regierung bei den wirtschaftlichen Akteuren bedienen kann, um das selbst zu verantwortende Defizit zu kaschieren. Das Risiko gehen andere ein, die unfähige Regierung soll enteignen, um sich ein soziales Antlitz zu verschaffen. Bündnis Deutschland lehnt ein solches Vorgehen kategorisch ab: es löst das Wohnungsproblem nicht, es verschärft es nicht nur, es würde den Abstieg Berlins vollends besiegeln. Hinter dem Antlitz des vermeintlich Sozialen lauert die verklärte Form von Sozialismus. Dessen katastrophaler Weg ist vielfach historisch vorgezeichnet.
Unverhältnismäßigkeit
Zur Erinnerung: Der Wohnungsmarkt ist massiv angespannt. Eine Bürgerinitiative erreicht großen Zuspruch für das vermeintlich hehre Ziel, sozialverträglichen Wohnraum zu schaffen, indem es vorschlägt, große Investoren zu enteignen. Das Land Berlin soll dafür eine Entschädigung zahlen. Dass damit keine einzige Wohnung mehr entsteht, ist den Wählern mehrheitlich egal. Bündnis Deutschland meint, weil ihnen die volkswirtschaftliche Dimension und die Signalwirkung für den Markt vorenthalten und verschleiert wurde. Ist dem Berliner doch das Hemd näher als die Hose: Das Geld kommt doch per Länderfinanzausgleich sowieso. Lassen Sie sich das bitte nochmal auf der Zunge zergehen: Mit ca. 39 Milliarden2 wird der Haushalt Berlins belastet und keine einzige zusätzliche Wohnung steht zur Verfügung.
Versäumnisse
Es ist schon ein Aberwitz, dass mit Däubler-Gmelin eine SPD Politikerin der Expertenkommission vorsitzt. Ist doch die SPD seit 2001 fortwährend an der Regierung in Berlin beteiligt und ursächlich für die entstandene Schieflage des Wohnungsmarktes verantwortlich. 2002 stellte der Senat den sozialen Wohnungsbau in Berlin gänzlich ein. Die folgenden Jahre sind durch rechtliche Verfahren gekennzeichnet – mit dem Schluss, dass die Einstellung der Förderung und der Anschlussförderung eher Mehrkosten verursacht. Seit 2016 besinnt man sich des Defizits und wird nur durch Druck seitens der Mietenvolksentscheids tätig. Es ist erstaunlich, dass eine Regierung durch Aktivitäten der Zivilgesellschaft zum Jagen getragen werden muss.
Problem
Faktisch hat schon der Mietenvolksentscheid einen politisch sehr fragwürdigen Hintergrund. Schreiben doch vorwiegend Akteure von linken Bündnissen und Vereinen die Regeln und Maßgaben. Sie diffamieren schon damals weitgehend den Markt, statt Instrumente zu entwickeln, die privatwirtschaftliches Engagement sinnvoll flankieren. Dass die teilweise Übernahme solcher unausgegorener Vorarbeit in Berliner Recht und Gesetz die Lage eher verschlimmert, war vorauszusehen.
Bündnis Deutschland warnt: Die Akteure von damals haben ihre Kräfte gebündelt und mit dem populistischen Titel “Deutsche Wohnen & Co. enteignen” die vermeintliche Lösung des auch von ihnen verschärften Problems an die Berliner Hauswände gemalt: Enteignen statt Investoren. Leider verfängt so eine vermeintlich soziale Forderung sehr leicht: Die, die haben sind Schuld – nehmen wir uns was uns zusteht. Dass man die asoziale politische Arbeit der SPD als eigentliche Ursache nicht angeht, sondern diejenigen, die das können, was unter staatlicher Aufsicht nie funktioniert hat – die Wohnungsunternehmen und somit indirekt auch die Investoren und Bauunternehmen – ist eine Farce.
Widmet man sich nun dem Abschlussbericht der Kommission, wird sehr schnell deutlich: So klar wie die Initiatoren und die Journalisten die Entscheidung zeichnen, ist hier gar nichts. Der Bericht ist insgesamt 156 Seiten lang. Darin sind 91 Seiten Beratungsergebnis und 45 Seiten Sondervoten enthalten. Das sind Begründungen von Mitgliedern der Expertenkommission, welche dem mehrheitlich abgestimmten Ergebnis widersprechen oder Teilaspekte darin unberücksichtigt sehen. Darunter solche Aussagen wie “massive landesverfassungsrechtliche Risiken”. Und was in diesem Bericht nicht enthalten ist: Ist die Überführung von Wohnungen in Gemeineigentum durch Enteignung überhaupt für Berlin überhaupt wirtschaftlich?
Diese Antwort kann sich eigentlich jeder Berliner selbst geben: Wenn das Land Berlin bewiesen hat, was es nicht ist, dann effizient, ökonomisch denkend als auch handelnd und organisiert.
Lösung
Politik hat in der Marktwirtschaft eine wichtige Rolle: sie muss eingreifen, wo der Markt versagt. Sie muss diejenigen schützen, die durch nicht selbst verursachte Defizite Nachteile am Markt haben. Der Umbau des Marktes in eine sozialistische Wohnungspolitik ist brandgefährlich. Bündnis Deutschland darf den Berliner Mietern einerseits die Wahrheit nicht vorenthalten: wofür sie mehrheitlich votierten, ist nicht die Lösung, sondern verschlimmert ein existierendes Problem. Berlin ist eine Weltmetropole und hat nach langen Jahren der billigen Mieten die gleichen Probleme aller Weltmetropolen. Die Lösungen sind:
- Investorenfreundliches Wirtschaftsklima
- massive Förderung genossenschaftliche Bauträger
- Beteiligung der wirtschaftlichen Akteure an sozialer Infrastruktur
- Sozialer Wohnungsbau mit prozentualen Anteilen bei Bauvorhaben um eine sozial Durchmischung zu erreichen
- eine infrastrukturelle Stärkung der Stadtviertel jenseits des Zentrums
- aktive Bodenvorratspolitik
- Überprüfung der Baulandpotentiale an den Verkehrsachsen
- Überprüfung der Möglichkeiten von vertikaler Bausubstanz
- ein funktionierender moderner Öffentlicher Nahverkehr
- zeitgemäße Beteiligung aller Verkehrsteilnehmer
- Sozialverträglicher, pragmatischer Denkmalschutz
Die Neugestaltung von Anreizen und Verpflichtungen für Bauunternehmen soll sicherstellen, dass sie einen wichtigen Beitrag zur Erweiterung des sozialen Wohnraums leisten. Ziel ist es, die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Wohnraum für Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu verbessern. Dies kann erreicht werden, indem leerstehende Wohngebäude bewohnbar gemacht oder Geschäftsgebäude zu Wohnzwecken umfunktioniert werden. So wird ein sozialverträglicher Wohnungsbau gefördert, der die Bedürfnisse aller Bevölkerungsschichten berücksichtigt.
1 https://www.berlin.de/kommission-vergesellschaftung/downloads/